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Sollte die Unternehmenssteuerreform III (USR 3) angenommen werden, so prognostiziert der Bund, wird es zu Steuerausfälle von 1.1 Milliarden Franken jährlich auf Stufe Bund kommen. Über 3 Milliarden prognostizieren die Gegner auf allen drei Stufen. Auch wenn diese Zahlen vermutlich signifikant zu tief geschätzt sind, ist es trotzdem nicht das, worüber wir diskutieren sollten.

 

In einem Gespräch unter vier Augen nannte ein Wirtschaftsanwalt die Schätzung der Steuerausfälle als lächerlich. Diese gingen davon aus, dass die Unternehmen nicht oder kaum auf die neuen Besteuerungstools reagieren würden. Er schätze die Ausfälle auf rund 10 Milliarden jährlich. Es wäre naiv anzunehmen, dass Patentboxen und F&E-Abzüge nicht dazu führen würden, dass Unternehmen plötzlich jede Tätigkeit, die nicht direkt der Produktion dient, der Forschung zurechnen würden und Gewinne dann angeblich nur noch mit Hilfe „ausgefeilter“ Patente möglich wären.

Auch verstünde er nicht, weshalb sich der Gewerbeverband an vorderster Front für die USR 3 kämpfen würde, da für KMUs - mit einzelnen Ausnahmen - die Gewinnsteuer das kleinste Problem sei. (Anm: über die Hälfte aller Unternehmen weist für 2013 überhaupt keinen Gewinn aus, weitere rund 30% einen Gewinn von unter 50‘000 Franken. (Quelle: ESV)

Doch so extrem die durch diese Verlage ausgelösten Veränderungen wären, es ist nicht, worüber wir meiner Meinung nach diskutieren sollten. Die Diskussion sollte sich um Qualität, Wert und Preis des Wirtschaftsstandortes Schweiz drehen.

Der Wirtschaftsstandort Schweiz ist – um eine Analogie mit Autos zu bilden – zumindest  ein Mercedes S-Klasse, qualitativ gesehen. Doch wir sind der Meinung, dass wir preislich mit einem Tata Nano konkurrieren müssen. Wollen wir Länder mit tieferer Gewinnsteuer finden, so müssen wir bereits jetzt nach Bulgarien, die Bahamas oder nach Somalia. Doch wer ein hochwertiges Produkt herstellt und es zu Ramschpreisen verkauft, zahlt meist drauf.

Zum gesamten Steueraufkommen der Schweiz (Bund, Kantone und Gemeinden) tragen Unternehmen ohne Gebühren und Lenkungsabgaben rund 20 Milliarden Franken bei (2014, Quelle: EFV), bei einem steuerbaren Gewinn von rund 300 Milliarden Franken (2014, Quelle: ESTV). Im Vergleich dazu tragen natürliche Personen – ohne Gebühren, Lenkungsabgaben und Sozialabgaben – rund 100 Milliarden Franken bei (2014, Quelle: EFV), bei einem steuerbarem Einkommen von rund 280 Milliarden Franken (2012, Quelle: ESTV).

Die Kosten, welche die Wirtschaft verursacht, sind etwas schwieriger zu beziffern. Ein grosser Posten ist sicherlich die Bildung, welche fast ausschliesslich ohne Gebühren finanziert wird. Dafür hat der Staat Ausgaben von rund 36 Milliarden. Ein Teil der Bildung dient sicher einem humanistischen Ideal, ein Grossteil davon geht jedoch in die Ausbildung von zukünftigen und aktuellen Angestellten. Sagen wir mal die Hälfte, also rund 18 Milliarden, sind für die Wirtschaft.

Ein zweiter grosser Posten, der zu einem Grossteil der Wirtschaft geschuldet ist, wäre Verkehr. Die öffentliche Hand investiert jedes Jahr rund 16 Milliarden in den Verkehr. Ein Grossteil dieser Investitionen ist zur Bewältigung der Pendlerspitzen morgens und abends, welche durch Arbeitnehmer verursacht werden. Rechnen wir auch hier mit rund der Hälfte der Ausgaben, wobei die Wirtschaft vielleicht eine Milliarde über Abgaben beisteuert, bleiben noch gut 7 Milliarden Verkehrskosten.

Ein dritter Posten, von welchem Unternehmen zu einem Grossteil profitieren, ist Sicherheit und öffentliche Ordnung. Dieser Posten schlägt mit rund 16 Milliarden im Budget zu Buche. Auch hier dürfte etwa die Hälfte der Kosten für die Wirtschaft angerechnet werden, also rund 8 Milliarden.

Direkt für die Wirtschaft gibt die öffentliche Hand rund 8 Milliarden aus, davon die Hälfte für Landwirtschaft, die ich aussen vor lassen möchte, bleiben also 4 Milliarden.

Diese 4 Posten zusammen ergeben 37 Milliarden Franken, welche die öffentliche Hand aus den allgemeinen Einnahmen für die Wirtschaft ausgibt. Nicht beziffert sind hier Werte wie zum Beispiel sozialer Friede, zu welcher unter anderem die Sozialausgaben (82 Milliarden Franken) sehr viel beitragen, von gesunden Mitarbeitern (Gesundheitskosten 14 Milliarden) oder der Anteil an den Verwaltungskosten (24 Milliarden). (Alle Ausgaben 2014, Quelle EFV)

Es bleibt also unterm Strich festzuhalten, dass die Ausgaben der öffentlichen Hand aus den allgemeinen Geldern für Unternehmen rund 40 Milliarden betragen, wobei Unternehmen in diese Kassen "nur" rund 20 Milliarden einzahlen. Der Staat betreibt heute unterm Strich Wirtschaftsförderung für rund 20 Milliarden Franken, oder pro Haushalt in der Schweiz im Schnitt 5'500 Franken. Und die Frage, die wir uns bei der Abstimmung über die USR 3 stellen sollten, lautet:

 

Wollen wir die staatliche Wirtschaftsförderung um 3'000 Franken, von 5'000 Franken auf 8'000 Franken pro Haushalt und Jahr erhöhen?